Nasrin Siege
Nasrin Siege wurde 1950 in Teheran/Iran geboren. Im Alter von acht Jahren zog sie mit ihren Eltern und Geschwistern nach Deutschland. Sie wuchs in Hamburg und Flensburg auf, studierte Psychologie und Pädagogik in Kiel, arbeitete als wissenschaftliche Assistentin im Institut für Psychotherapie in Stuttgart/Sonnenberg und als Psychotherapeutin in einer Suchtklinik bei Frankfurt. Von 1983 – 2016 lebte sie mit ihrem Mann und zum Teil mit ihren zwei Kindern, unterbrochen von Aufenthalten in Deutschland, in verschiedenen afrikanischen Ländern: Tansania (1983-1985), Sambia (1987-1991), wieder Tansania (1994-2003), Madagaskar (2005-2007), und Äthiopien (2008-2016). Heute lebt Nasrin Siege in Frankfurt.
Während ihres ersten Tansania-Aufenthalts erlernte sie die Sprache Kiswahili und begann hier mit dem Sammeln von afrikanischen Märchen, Mythen und Legenden, die in “Kalulu und andere afrikanische Märchen” (1993) und in “Morgen kommt die Hyäne zum Essen” (2019), erschienen sind. In Sambia schrieb sie ihr erstes Kinderbuch, “Sombo, das Mädchen vom Fluss”, (1990), dem weitere Bücher folgten.
Während ihres zweiten Tansania-Aufenthalts (1994-2003) arbeitete sie ehrenamtlich in verschiedenen Straßenkinderprojekten und im Kinderuntersuchungsgefängnis (Remand Home) in Dar-es Salaam.
1996 gründete sie den Verein “Hilfe für Afrika e.V.”, mit dem sie Bildungsprojekte in verschiedenen afrikanischen Ländern initiierte, aufbaute und bis heute finanziell und mit Beratung unterstützt. Seit 2016 lebt Nasrin Siege in Frankfurt.
Bis auf ihren autobiografischen Roman “Shirin – Wo gehöre ich hin?” und der von ihr in Madagaskar aufgespürten und in Romanform geschriebenen Legende “Die Piraten von Libertalia”, handeln ihre Bücher von Kindern und Kindheit in Afrika und sind eng mit ihrer Arbeit in den Projekten verbunden.
Einige von ihren Büchern sind in verschiedenen Sprachen, darunter Madagassisch und Amharisch, erschienen.
Ihre Lesereisen und Schreibwerkstätten führten sie durch Deutschland, die Schweiz, Dänemark, Namibia, Südafrika, Madagaskar, Äthiopien und Kenia (Annual PEN Kenya Centre Creative Writing Workshop).
Im Rahmen einer von ihr durchgeführten Schreib-Werkstatt mit Jugendlichen eines Armenviertels in Antananarivo wurde 2006 das erste Deutsch-Madagassische Buch, mit dem Titel “Sombintsombim – piainana Malagasy/ Madagaskar – Tage unseres Lebens”, veröffentlicht.
Im Rahmen einer Schreibwerkstatt mit äthiopischen Kinder- und Jugendbuchautor:innen in Addis Abeba entstand das Deutsch-Äthiopische Buch “Tanz, Saron! Tanz!”
www.nasrin-siege.com
www.hilfefuerafrika.de
- Die Piraten von Libertalia, Verlag Akademie der Abenteuer, 2022 (erschien zuerst, 2009, Bloomsbury Berlin)
- Asni, Ulrike Helmer Verlag, 2020
- Morgen kommt die Hyäne zum Essen, Beltz & Gelberg, 2019
- Juma – Ein Straßenkind aus Tansania, Beltz & Gelberg, 2019 (16. Auflage, erschien zuerst 1998)
- Kalulu und andere afrikanische Märchen, Brandes & Apsel, 2018 (4. Auflage, erschien zuerst 1993)
- Ich kehre zurück, Dadabé, Brandes & Apsel, 2018 (2. Auflage, erschien zuerst 2012)
- Sombo, das Mädchen vom Fluss, Beltz & Gelberg, 2017 (14. Auflage, erschien zuerst 1990)
- Der Honigvogel, Razamba Verlag, 2016
- Shirin – Wo gehöre ich hin? Razamba Verlag, 2015
(erschien zuerst 1996, Beltz & Gelberg) - Wenn der Löwe brüllt, Peter Hammer Verlag, 2012 (2. Auflage)
Auszeichnungen:
- Kinderbuch-Preis der Ausländerbeauftragten des Berliner Senats Barbara John, 1993 für die ersten zwei Kinderbücher beim Beltz&Gelberg.
- 2006 Two Wings Award für ihr entwicklungspolitisches Engagement und ihre Verdienste um das Sammeln afrikanischer Märchen.
- 2006 Certificate of Appreciation by the United Republic of Tanzania. Ministry of Health And Social Welfare. In recognition of the contribution for the improvement of Remand Homes and Approved School in the Country.
- Im April 2022 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
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NEUERSCHEINUNG: Vor mir die Reise
Erschienen am 6. Oktober 2025
Von Ruth Weiss
Selten liest man ein ungewöhnliches Buch über ein ungewöhnliches Leben einer ebenso ungewöhnlichen Schriftstellerin. Dieses ist ein solches Buch und es ist nicht nur Afrikakennern zu empfehlen.
Nasrin Sieges „Vor mir die Reise“ ist kein Abenteuerroman, auch kein Reisebericht oder die Reportage einer Journalistin. Es ist der Bericht eines Lebens auf Augenhöhe mit Menschen mit anderem Aussehen, Herkunft, Glauben, Sitten und Traditionen, der nicht nur die Gleichheit aller akzeptiert, sondern auch die ihrer Wünsche, Sehnsüchte, Liebe, Sorgen und Leiden.
Es ist auch eine Mahnung an die Gesellschaft, Menschen egal welcher Herkunft, mit Offenheit, Empathie und Toleranz zu begegnen.
Nasrins Reise begann zu Beginn der 60er Jahre als Achtjährige mit dem Heimweh durch den unerwarteten Verlust der persischen Heimat, der Wärme und Liebe der Großfamilie und dem damit verbundenen Verlust der Sprache. Was sie erwartete, waren im deutschen Land, gerade erst 14 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, neue Schulen mit verständigen Lehrkräften, aber auch solchen mit Nazivergangenheit, mit von ihren Eltern geprägten Kindern, die Nasrin wegen ihrer schönen schwarzen Haare und der dunklen Haut das Z- und N- Wort hinterherriefen.
Nasrin wehrte sich mutig und lange Zeit allein gegen Vorurteile und Ausgrenzung, wurde später Klassensprecherin und beste Deutsch-Schülerin, finanzierte ihr eigenes Studium mit Gelegenheitsarbeiten, bis sie Unterstützung aus anderen Quellen erhielt.
Als junge Frau trennte Nasrin sich vom Elternhaus. Nach dem Studium lebte sie mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern für viele Jahre in Afrika.
Afrika gab ihr die Heimat, die immer in ihr war.
Durch sie lernen wir ein Afrika kennen, das den meisten Nicht-Afrikanern verborgen bleibt. Die Menschen öffneten sich ihr, hießen sie willkommen, ließen sie auf Augenhöhe an ihren Leben und Werten teilnehmen. Sie bekam Einblick in die traditionelle Medizin, erfuhr von der Macht der Dämonen und der angeblichen Hexen über die Menschen, hörte den Märchen, Geschichten und Mythen zu.
Die unendlich vielen Erlebnisse, Erkenntnisse, ihre Empathie und ihre Tatkräftigkeit machten aus der Psychologin eine großartige Autorin hervorrragender Kinderbücher und Sammlerin afrikanischer Märchen. Doch sie beließ es nicht dabei. Im Jahr 1996 gründete sie den Verein „Hilfe für Afrika e.V.“, und unterstützte damit nicht nur Straßenkinderprojekte in Tansania, sondern auch und bis heute andere Hilfsprojekte in Afrika. Besonders beeindruckt hat mich ihre Unterstützung junger Frauen, die bei Hilfen so oft übersehen werden.
Sie ist nicht nur deswegen mehr als verdient mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Mit ihren Büchern über Kinder in Afrika und den Lesungen daraus in deutschen Schulklassen, baut sie Brücken des Verständnisses auf.
Durch die ehemalige Honorarkonsulin Margarete Scheel lernte sie in Tansania die vergangene Zeit Deutsch-Ostafrikas kennen. Diese hatte einmal zu ihr gesagt, dass Länder aus wirtschaftlichen Gründen Kolonien aufgebaut hätten, sei nicht richtig gewesen.
„Wir hätten Afrika in Ruhe lassen sollen!“
Worte, die in mir weiterklingen.


