Wolf Biermann
1936 in Hamburg geboren.
Beide Eltern Arbeiter, beide auch Kommunisten. Der Vater saß als politischer Häftling und wurde 1943, weil er außerdem noch Jude war, aus dem Gefängnis in Bremen nach Auschwitz entlassen und dort ermordet.
1953, kurz nach Stalins Tod und kurz vor dem Arbeiteraufstand am 17. Juni, übersiedelte Wolf Biermann aus der Vaterstadt in sein rosarotes Vaterland, er wurde sofort Staatsbürger der DDR. Abitur in Gadebusch. Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Humboldt-Universität. 1957 bis 1959 Regieassistenz am Brechttheater „Berliner Ensemble“. Er absolvierte an der Humboldt-Uni ein zweites Studium (Philosophie, Mathematik). Stark geprägt von seinem Vorbild und Mentor, dem Komponisten Hanns Eisler.
Nach dem Bau der Mauer, 1961, Gründung und Leitung des Hinterhoftheaters „b.a.t.“ im Prenzlauer Berg bis zu dessen Verbot 1963. Erste Lieder und Gedichte seit 1960. In Anlehnung an Brechts Wort vom „Stückeschreiber“ setzte Biermann das Wort „Liedermacher“ in die Welt. Bis 1965 trat er mit den jeweils nicht verbotenen Liedern in der DDR auf. Im Herbst 1964 und zum folgenden Ostermarsch 1965 durfte er über die Mauer zu Konzerten in die Bundesrepublik fahren. Die DDR-Obrigkeit hoffte, daß der unbequeme Kritiker entweder im Westen bleibt, oder sich durch künftiges Wohlverhalten dieses korrumpierende Reise-Privileg erhält.
November ’65
Beginn des totalen Auftritts- und Publikationsverbots in der DDR, verkündet auf dem berüchtigten 11. Plenum des ZK der SED. Seine Lieder und Gedichte verbreiteten sich in der DDR von da ab immer mehr durch Handabschriften und Tonbandkopien – illegal im Sinne des „Samisdat“. Da Biermanns Lieder und Gedichte in der DDR nicht veröffentlicht werden durften, ließ Biermann sie durch die Grenze in den Westen schmuggeln, wo sie als Bücher oder Schallplatten veröffentlich wurden. Robert Havemann und Wolf Biermann wurden die radikalsten Kritiker gegen die Parteidiktatur in der DDR. Der Konflikt verschärfte sich seit der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968, und er kulminierte im
November ’76
Gegen alle Rechtsnormen – auch der DDR – wurde Wolf Biermann von den Bonzen der Partei, nach einem Konzert für die IG-Metall in der Sporthalle Köln, nicht zurückgelassen in die DDR. Das Konzert wurde daraufhin vom Westfernsehn in voller Länge in den Osten gesendet. Der totalitäre Willkürakt der Ausbürgerung des kritischen Sängers löste eine ungeahnt große Protestbewegung in Ost und West aus und markiert für viele Menschen den Anfang vom Ende des SED-Regimes.
Auch im Westen mischte Wolf Biermann sich mit neuen Liedern und Gedichten ein. Konzertreisen in viele Länder der Welt. Wolf Biermann wurde ausgezeichnet mit Literaturpreisen, die sich an Namen wie Fontane, Jacques Offenbach, Friedrich Hölderlin, Eduard Mörike, Georg Büchner und Heinrich Heine hängen.
November ’89
erzwangen ostdeutsche Bürgerrechtler ein erstes Biermann-Konzert in Leipzig. Die Mauer war gefallen, aber das totalitäre Regime noch nicht.
1990 gehörte Biermann zu den Besetzern in der ostberliner Stasi-Zentrale Normannenstraße, die die weitere Vernichtung der Akten des Staatssicherheitsdienstes verhinderten.
Biermann schrieb provokante Polemiken als „verlorner Posten in dem Freiheitskrieg der Menschheit“ (Heinrich Heine), lieferte Denkanstöße im Wettkampf der Ideen um richtige und falsche Kriege, um die Ruinen des Kommunismus, um Kitsch und Kunst seiner Freunde und Feinde.
1993 bis 1995 hielt er eine Reihe von Ästhetik-Vorlesungen als Gastprofessor an der Heine-Universität Düsseldorf, unter dem Titel „Wie man Verse macht und Lieder“. 1994 dichtete er das Poem „Großer Gesang des Jizchak Katzenelson vom augerotteten jüdischen Volk“ ins Deutsche.
Für ein Jahr (1997/98) lebte Biermann als Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Dort schuf er Gedichte und Lieder unter dem Titel „Paradies uff Erden – ein Berliner Bilderbogen“. 2002 Essayband „Über Deutschland. Unter Deutschen“. 2003 erschien Biermanns Nachdichtung des Poems „Elf Entwürfe des jungen Bob Dylan für seinen Grabspruch“ . 2004 sein Buch: „Das ist die feinste Liebeskunst – 40 Shakespeare Sonette.
Im Jahre 2006 wechselte Wolf Biermann zum Verlag Hoffmann & Campe.
Im selben Jahre erschien der Gedichtband: „Heimat. Neue Gedichte.“ Es folgten: „Berlin, du deutsche Frau“ 2008,eine Sammlung seiner schönsten Berlin- Gedichte; „DeIn freches Lächeln küsse ich so gern“, Liebesgedichte und im Oktober 2011: „Fliegen mit fremden Federn“ Biermanns Schatzkiste mit Liedern und Gedichten aus fast allen europäischen Sprachen, von ihm über fünf Jahrzehnte gesammelt und in sein Deutsch gebracht. (Mit Noten)
Im Frühjahr 2007 wird Wolf Biermann zum Ehrenbürger der Stadt Berlin ernannt.
Seit 2003 arbeitet Wolf Biermann mit dem schwedischen Chor Göteborger Kammerchor und Gunnar Eriksson und dem Komponisten und Jazz Pianisten Stefan Forssén zusammen. Eriksson und Forssén setzten Wolf Biermann Lieder für Chor neu und veröffentlichten die Werke bei Peermusic Classical. Auch erschienen Biermann Lieder für Gesang und Klavier arrangiert von Stefan Forssén. Mit dem Europe Chamber of Chor, unter der Leitung von Gunnar Eriksson, wurde 2011 eine CD mit Solo und Chorliedern veröffentlicht unter dem Titel: In diesem Lande leben wir.
Stetige Konzerttourneen in Deutschland und im Ausland. Biermann veröffentlicht neben seiner poetischen Produktion eine Serie scharfzüngiger Essays, mit denen er sich wirkungsvoll in den tagespolitsichen Streit einmischt. Seine Gedichtbände zählen zu den meist verkauften der deutschen Nachkriegsliteratur. Wolf Biermanns Werke wurden in vielen Europäischen Sprachen veröffentlicht (in Schweden, Frankreich, Spanien, England, Italien, Slowenien, Dänemark, Polen, Holland, Bulgarien, Portugal, Russland), zudem in USA, Süd-Korea, Japan und Israel.
Biermann ist seit November 1989 mit Pamela Biermann verheiratet, mit der er seit 1983 in Hamburg-Altona lebt.
Quelle: www.wolf-biermann.de