Laufende Fälle

Writing for Writers: „Eine moralische Verpflichtung“
Ein Bericht von Jutta Birmele | Juni 2016
Unsere Bemühungen bei PEN um inhaftierte Journalisten und Schriftsteller empfinde ich als eine ernsthafte moralische Verpflichtung. Freya hat an uns vor wenigen Tagen einen höchst Besorgnis erregenden Brief von Narges Mohammadi weitergeleitet (vgl. weiter unten). Diese mutige Frau sitzt in Einzelhaft in einem Gefängnis im Iran und erlebt jeden Tag ihr Leben erneut als psychologische und körperliche Folter. Ihr „Verbrechen”? Sie hat ihr Recht auf Meinungs – und Pressefreiheit ausgeübt, ohne Rücksicht auf die Folgen in ihrem Land! Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind Grundlagen der öffentlichen Meinungsbildung. Neben den meisten Verfassungstexten fordern auch zahlreiche internationale Abkommen, wie z.B. die der UN in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Art. 19, die Gewährleistung der Meinungsfreiheit. Fast alle Staaten haben diese Erklärung unterzeichnet. Die Daten der Organisation Reporter ohne Grenzen (reporter-ohne-grenzen.de) listet 180 Länder auf in einer Rangfolge bestimmt durch den Grad ihrer Befolgung dieses grundlegenden Menschenrechts. Deutschland steht auf Platz # 16, Großbritannien auf # 38, die USA auf # 41, Frankreich auf #45, Italien auf # 77, und Iran auf # 169. Man sieht, dass selbst die uns bekannten Länder durchaus keine ideale Handhabung des Meinungsäußerungsrechts vorweisen können. Zwei oder drei Jahre vor ihrem Tode hat mir die bekannte russische Journalistin Anna Politkovskaya (1958 – 2006) von mehreren Attentatsversuchen auf ihr Leben berichtet und nachdrücklich ihre Überzeugung geäußert, dass sie ermordet werden würde. Das hat sie nicht daran gehindert, weiterhin ihre Kritik an der Politik und der verbrecherischen Handhabung der Opposition durch die Putin-Regierung in der Novaya Gazeta zu veröffentlichen. Und leider behielt sie Recht mit ihrer Voraussage!
Journalisten, die ihr Leben und ihre Gesundheit einsetzen, um dieses fundamentale Recht der Meinungs – und
Pressefreiheit auszuüben, sind vorbildlich und verdienen unsere höchste Anerkennung. Wir können das durch Protestbriefe an die Regierungschefs, die Justizminister, die Botschafter u.a. zum Ausdruck bringen, und zumindest etwas Trost spenden für die isolierten, gefolterten Opfer. Wir sollten uns alle an diesen Briefaktionen beteiligen!